In diesem Jahr feiert die Insulinpumpe ihr 25-jähriges Jubiläum. Ein guter Grund für Volker Jung, der kurzen Geschichte dieses revolutionären Gerätes nachzugehen. Gestern noch waren es nur ganz wenige Diabetiker, die sich dieser neuen Technologie anvertrauten. Heute sind es bereits mehr als 20.000 - ein kleines Gerät auf seinem Siegeszug.
Beginn mit intravenöser Dauerinfusion
25 Jahre sind vergangenen, seit man erstmals mit einer Pumpe dem Körper kontinuierlich Insulin zuführte. Der Rückblick von Volker Jung zeigt, wieviel sich seit den Anfängen der Therapie Mitte der 70er Jahre und der Insulinversorgung mit der H-TRON heute verändert hat.
Damals wurden erstmals in Frankreich und Deutschland, u. a. durch Rolf Renner, kleine Spritzperfusoren eingesetzt, die das Insulin in eine Vene einführten. Verglichen mit der damals üblichen Diabetes-Therapie war diese neue Methode der Blutzuckereinstellung zwar hervorragend, aber mit dem Zugangsweg gab es große Probleme. Da es sich im Prinzip um eine Infusion mit Insulin handelte, musste eine Venenkanüle gelegt werden. Außerdem kam es regelmäßig zu Entzündungen der peripheren Blutgefäße.
Einfachste Technik
Ende der 70er Jahre begannen Arbeitsgruppen in Großbritannien und Deutschland unter Renner, Walter, Sonnenberg und Chantelau mit der Infusion ins Unterhaut-Fettgewebe und legten damit den Grundstein für die auch heute noch übliche "Kontinuierliche Subkutane Insulin-Infusion", auch CSII genannt. Die ersten Pumpen, die zum Einsatz kamen, waren allerdings keine Insulinpumpen im eigentlichen Sinne. Es waren kleine, motorgetriebene Geräte, die unter anderem zur Schmerztherapie verwendet wurden. Die Förderraten dieser Apparate waren nicht für Insulineinheiten geeicht, d.h. die Einheiten mussten jedes Mal zeitraubend umgerechnet werden.
Die Auto-Syringe 6C ist eine Historische Pumpe, die Anfang der 80iger Jahre eingesetzt wurde.
Komplizierter Umgang mit der Pumpe
Bei Pumpen wie dem Mill-Hill-Infusor oder der Auto Syringe 6C wurde der Bolus mechanisch durch Drehen einer Schraube abgegeben. Es gab nur eine konstante Förderrate. Die Anpassung der Basalrate wurde ausschließlich durch die Änderung des Mischungsverhältnisses von Insulin und Kochsalzlösung erreicht. Alarmsysteme gab es praktisch nicht. Und angenehm zu tragen waren die Pumpenmodelle - die etwa die Größe eines Taschenbuchs hatten - auch nicht. Die erste richtige Insulinpumpe wurde 1980 in Deutschland vorgestellt: Die Siemens Promedos war auf die Förderung von Insulin geeicht und konnte eine konstante Basalrate abgeben.
Es geht voran
Ab 1981 verfügten weiterentwickelte Insulinpumpen wie die CPI 9100 bereits über eine alternative Basalrate, die man zur Therapie des Dämmerungsphänomens in den frühen Morgenstunden einsetzte. Mangels Speicher musste diese Basalrate allerdings jeden Abend neu programmiert werden. In den folgenden Jahren wurden die technische Ausstattung und die Handhabung der Insulinpumpen zwar immer weiter verbessert, blieb aber im Vergleich zu heute sehr bescheiden.
Nordisk-Infuser:
Historische Pumpe, die Anfang der 80iger Jahre eingesetzt wurde.
Nicole Johnson,
Miss USA 1999
Eine berühmte Pumpenträgerin, die sich unermüdlich für Diabetes einsetzt
Sie war 19 Jahre alt als bei ihr 1993 der Diabetes diagnostiziert wurde. "Es war ein Schock für mich. Ich wusste nichts über Diabetes." Doch dann dachte sie an ihre Träume und Ziele und begann zu lernen. Sie lernte mit dem Diabetes zu leben. An die täglichen Insulinspritzen konnte sie sich jedoch nicht gewöhnen. Sie entschied sich für die Insulinpumpen-Therapie. "Durch die Pumpe habe ich meine für immer verloren geglaubte Freiheit wiedergewonnen."
Als sie schließlich Miss USA 1999 wurde, nutzte sie die Möglichkeit, eine Person des öffentlichen Lebens zu sein. Sie wurde prominente Sprecherin für die Risiken des Diabetes. Unermüdlich betont sie, wie wichtig eine frühzeitige Erkennung und Einstellung des Diabetes ist. "Ohne meine Pumpe hätte ich die ständigen Reisen, die vielen Aufgaben, das Leben, das ich jetzt führe, nie so gut erfüllen können. Seit meiner Wahl bin ich permanent unterwegs. Ich hoffe, dass ich vielen Menschen vermitteln kann - durch mein eigenes Beispiel - wie wichtig es ist, Herausforderungen anzunehmen und positiv damit umzugehen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass man seinen Diabetes gut im Griff hat. Dann kann er uns niemals daran hindern unser Leben erfolgreich und mit Lebensfreude zu leben."
Günther Limberg aus "Zucker", Ausgabe 1/00, Kundenmagazin von LifeScan
Groß, schwer und sperrig
Die Disetronic-Mitarbeiterin Daniela Pichleritsch testete 1983 mit der Betatron II eines der ersten Insulinpumpenmodelle. Sie erinnert sich: "Die Betatron II war doppelt so groß wie die H-TRON heute. Sie wog mindestens 250 Gramm, war also ganz schön schwer zu tragen. Sie war weder wasserdicht noch bruchsicher. Man musste stets gut aufpassen. Die Tastatur war numerisch, mit Ziffern von 0 bis 10. Wenn ich zum Beispiel 10 Einheiten als Bolus abrufen wollte, musste ich die Ziffern 1 und 0 drücken, die dann auf einem kleinen Display erschienen. Ein ganz großes Problem waren die Batterien. Die Pumpe wurde mit Akkus betrieben. Ein Akku war immer in Betrieb, der andere hing während dieser Zeit am Ladegerät. Ganz schnell leer war auch die 1,5-ml-Ampulle, in die man das Insulin selbst aufziehen musste."
Der Mill-Hill-Infusor,
Historische Pumpe die Anfang der 80iger Jahre eingesetzt wurde.
Der Durchbruch
Bis Mitte der 80er Jahre war die Insulinpumpen-Therapie, trotz ihrer guten Ergebnisse bei der Blutzuckereinstellung, eine absolute Ausnahme. Sie wurde von ärztlicher Seite nur für solche Typ 1-Diabetiker empfohlen, die mit der inzwischen entwickelten intensivierten Therapie nicht einzustellen waren. Es gab etwa 1.000 bis 2.000 Pumpenträger in Deutschland, als die Firma Hoechst 1985 die Insulinpumpe H-TRON Hoechst (MRS 1) auf den Markt brachte. Das von Disetronic in der Schweiz entwickelte Pumpenmodell verfügte erstmals über stündlich variable Basalraten, die noch über ein externes Programmiergerät (das zunächst nur vom Arzt, später aber auch vom Patienten bedient werden konnte) eingegeben wurden. Die H-TRONHoechst markierte den Grundstein für die Entwicklung der heutigen, modernen Insulinpumpen und setzte sich schnell am Markt durch.
1988 übernahm Disetronic Deutschland zunächst den Vertrieb der Katheter und des Zubehörs, ein Jahr später auch den Vertrieb der Pumpe von Hoechst.
Die Pumpe hat's geschafft
1990, mit der nächsten Pumpengeneration - entwickelt nach den Wünschen und Forderungen von Pumpenträgem, Diabetologen und Diabetes-Beraterinnen - wurde auch der Name in H-TRON geändert. Die erste patientengerechte, mit modernster Technik ausgestattete Insulinpumpe war geboren. Dieses Gerät, zusammen mit der Erfahrung, den Unterlagen und Hilfsmitteln zur Insulinpumpen-Therapie, die seitdem vielen Ärzten und Diabetes-Beraterinnen vermittelt wurden, hat der Pumpentherapie in den vergangenen Jahren zum Durchbruch verholfen: 1988 gab es nur etwa 3.000 Pumpenträger in Deutschland, heute sind es bereits mehr als 20.000.